Die Expertin für frühkindliche motorische Entwicklung, Friederike von Drachenfels aus Hannover, hat am vergangenen Donnerstag in einem Gastvortrag ausführlich die frühkindliche neurophysiologische Entwicklung und deren Zusammenhänge mit den späteren schulischen Leistungen bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Dabei wurde deutlich, wie wichtig der ungestörte Ablauf des menschlichen Entwicklungsplans während des ersten Lebensjahres ist, da jede Veränderung hier auch Auswirkungen auf die spätere Schulfähigkeit hat; z. B. auf die Sitz- Körperhaltung, die Stiftführung, den Gleichgewichtssinn oder die Orientierung im Raum. Die Auswirkungen solcher Störungen im Entwicklungsablauf – da waren sich die Therapeutin, ihre Kolleginnen und Lehrkräfte im Raum einig, sind inzwischen bei den meisten GrundschülerInnen in unterschiedlich starker Ausprägung erkennbar. Oft werden sie allerdings mit anderen neurologischen Störungen, wie etwa ADS und ADHS verwechselt.
Diese Beobachtung korreliert mit den stark ansteigenden Therapieverordnungen im Bereich der Ergotherapie und den zahlreichen Medienberichten über immer schlechtere Leistungen der GrundschülerInnen im Lesen, Schreiben und Rechnen.
Es wurde in dem Vortrag, der den Auftakt zu einer ganzen Veranstaltungsreihe im Rahmen des 20-jährigen Schul-Jubiläums darstellt, auch darauf hingewiesen, dass diese Störungen nicht unumkehrbar sind, sondern mit entsprechenden Bewegungsprogrammen behoben oder zumindest abgemildert werden können. So berichteten Pia Denninger und Anke Bergknecht aus der P1, dass sie in dem seit mehr als 10 Jahren praktizierten pädagogischen Bewegungsprogramm „Raupenyoga“ (INPP-Schulprogramm), beachtliche Erfolge bei ihren SchülerInnen beobachten können. Die täglichen körperlichen Übungen vor Schulbeginn helfen den Kindern, das Gleichgewicht und unreife Bewegungsmuster zu verbessern. Positive Veränderungen des Verhaltens und der schulischen Leistungen sind meist schon nach kurzer Zeit spürbar und spornen Kinder und Eltern an, die Übungen konsequent auch am Wochenende zu Hause zu praktizieren. Die Physiotherapeutin Heidrun Findeis aus Dasbach begleitet die Montessori-Schule seit mehr als 10 Jahren auf diesem Weg. Stärker betroffene Kinder können dort eine qualifizierte individuelle neurophysiologische Entwicklungstherapie erhalten.
Das Publikum, insbesondere das Fachpublikum aus Kindergarten, Schule und Therapie, konnte viele Impulse mitnehmen und bedankte sich mit großem Applaus.